Fesch muss er gewesen sein, der Großvater, als er im offenen Steyr, das Gewehr zwischen den Beinen und den mllimetternichschen Hahnenschwanz auf der Kappe zum Juliputsch gefahren ist. Das Kapperl vielleicht frech und ein bisserl schräg am Kopferl. Dann hat es gekracht und am Nachmittag hat man Tennis gespielt. Vor, oder nach dem Tee, so genau lässt sich das heute wahrscheinlich nicht mehr bestimmen. –  Charmant, als wär es aus einer Geschichte von Josef Roth oder einem Gedicht von Weinheber. Und den Enkel stört sein Hakenkreuz auf der Ruine Kraig nicht wesentlich. Was ist für den Mann wesentlich? Anekdotisches Geschichtsverständnis mit einem Augenzwinkern in Richtung schrulliger Familie, das ist für jüngere Generationen zu wenig. Lächelnd den Beginn einer Weltkatastrophe wegzuwischen, weist nicht auf ein (selbst)kritisches Geschichtsbewusstsein hin. Staunend erfährt der Leser weiters, auch das Ulrichsbergtreffen gehe auf den großväterlichen Dollfuß-Gefolgsmann zurück. Ein Heimkehrerkreuz wurde am Gipfel errichtet, in Gedenken an die Gefallenen. Eine ehrenwerte Tat. Dann entgleiste das Vorhaben, am Ulrichsberg trafen sich die Nazis. Und wieder hat die Wald- und Wiesenbesitzerfamilie nicht den rechten Umgang mit den Zeichen einer braunen Vergangenheit gefunden. Nichts getan? Über Jahre hin feierte ein Wiedersehen alter Überzeugter fröhliche Urständ, bis man hinunter ins Tal, nach Krumpendorf, ging. Die Herren waren in die Jahre gekommen. Kraig und Ulrichsberg, zwei markante Punkte auf der Landkarte unserer Geschichte, sie verdienten es, mit Sorgfalt behandelt und mit Interesse an den politischen Verfehlungen, die alle einmal harmlos und vielleicht auch fesch begonnen hatten, verfolgt zu werden. Zum Kraiger Fall: Auslöschen heißt, es war nicht, was einmal war. Das kann es nicht sein. „Nur kein Kunstprojekt“, sagt andererseits der Hakenkreuzbesitzer. Auf die Idee einer Besinnungsstätte (Bedenkmal) über politische Fehlleistungen, die bis in unsere Gegenwart wirken, kommt hier keiner. Alle anderen sollen tätig werden, der Abschieber will nicht.

Ich lasse von einem Anwalt prüfen, ob hier ein Fall von Wiederbetätigung vorliegt. Denn Tatsache ist, dass durch den zögerlichen Umgang mit NS-Symbolen, diesen in der Öffentlichkeit ein scheinbar geduldeter Stellenwert zukommt, der den Ewiggestrigen sicherlich zu Freude gereichen wird. Im Verzögern wird erhalten. Im Anfang jeglichen Zauderns ist immer alles harmlos und fesch.

 

Günter Schmidauer
Präsident Kärntner PEN-Club

 

Zugabe:

Zumal benötigt Tadel,
ein Waldbesitzer, stolz von Adel.
Er hat sein Kreuz mit Haken,
dem Heiligtum gebräunter Kakerlaken,
das weit ins Tal hinunter blitzt,
indes der Eigentümer ruhig sitzt.
Was einmal mehr bestätigt,
wurde wieder hier betätigt?