„Zeichnen ist Sprache für die Augen,
Sprache ist Malerei für das Ohr.“
Joseph Joubert (1754-1824)

 

 

Die andere Seite der Vernunft oder Die grünen Gläser taugen nicht.

 1918 war der blutige Kehraus europäischer Kultur und Traditionen scheinbar zu Ende gegangen. Er sollte im Zweiten Weltkrieg eine zunächst unvorstellbare Fortsetzung finden.

Ein ausgehöhltes Wertesystem, in dem Staat und Kirche gleichermaßen ihren Hegemonieanspruch verteidigten, war in sich zusammengebrochen und hatte Millionen Menschen in den Tod gerissen. Es bestand trotz mühseliger Bemühungen keine Aussicht auf Neubestimmung oder zumindest Erneuerung verbindlicher Wertesysteme.

100 Jahre später stehen wir noch immer vor dem Unfassbaren und sind unfähig aus den Trümmern der Vergangenheit Neues entstehen zu lassen. Den Apologeten des Nichts waren die Tore geöffnet worden. Andere klammerten die Sinnfrage und damit die Menschen aus. Die gleißende Bühne der Spekulanten und Spieler stand für alle Arten der Provokation und Unterhaltungsmanöver bereit.

Dennoch lässt die Frage nach dem Wozu das Ganze nicht los. Mit der Leere lässt sich schwer leben. Günter Schmidauer zieht zeitgenössische Künstler des beginnenden 20sten Jahrhundert zu Zeugen heran und folgt ihren Gedanken. Andere Wege müssen gegangen werden, will man sich dem sinnvollen Erfassen von Zeit und Leben in einem gesamtheitlichen Kontext widmen. Es sind keine neuen Wege. Zahlreiche methodische Ansätze und atemberaubende künstlerische Zugänge sind vorhanden und werden hier in Beziehung gebracht. Kein Anspruch auf Gültigkeit besteht, aber einer auf Wahrscheinlichkeit.

Sinnvolles Erfassen schließt Erfassen mittels aller Sinne ein. Sinn ist Mehrwert, aufgebaut auf jenen Faktoren, durch die der Eindruck einer geschlossenen Ganzheit entsteht. Die Bausteine dazu entstammen den kognitiven und intuitiv-unwillkürlichen Elementen des kollektiven Unbewussten. Die andere Seite der Vernunft ist für die Wahrnehmung genauso wichtig, wie das kognitive Erfassen. Die Grenzen der Wahrnehmungsmethoden verschwimmen, die Intuition, das Irrationale im Menschen trägt zur Beziehung und zum Weltverständnis bei.

Günter Schmidauer versucht für sich neue Wege zu finden und findet Partner in  Literatur und Wissenschaft, wohl wissend, dass alles Beschriebene Fragment bleibt, an dem andere (Leser) vielleicht weiterarbeiten möchten.